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Urteil Aufsichtsbehörden und Kommissionen (LU - AU 98 10)

Zusammenfassung des Urteils AU 98 10: Aufsichtsbehörden und Kommissionen

Die Anfrage eines Notars bezüglich der Aufbewahrung einer Abschrift einer widerrufenen letztwilligen Verfügung wurde wie folgt beantwortet: Notare und Protestbeamte müssen gesetzlich vorgeschriebene Aktensammlungen führen, in denen Abschriften von öffentlichen Urkunden enthalten sind. Diese Abschriften dienen als Beweismittel und zur Aufsicht der Urkundspersonen. Wenn ein Testator seine letztwillige Verfügung widerruft, kann die Abschrift dem Testator ausgehändigt oder zerstört werden, um Unklarheiten zu vermeiden. Die Urkundsperson muss eine schriftliche Erklärung des Testators vorliegen haben, um die Abschrift herauszugeben oder zu zerstören. Es besteht keine Verpflichtung, die Abschrift aus der Aktensammlung zu entfernen, insbesondere wenn Zweifel an der Urteilsfähigkeit des Testators bestehen oder noch Vergütungsansprüche des Notars bestehen.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts AU 98 10

Kanton:LU
Fallnummer:AU 98 10
Instanz:Aufsichtsbehörden und Kommissionen
Abteilung:Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen
Aufsichtsbehörden und Kommissionen Entscheid AU 98 10 vom 12.10.1998 (LU)
Datum:12.10.1998
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:§ 31 BeurkG und § 6 BeurkV. Die Abschrift der widerrufenen öffentlichen letztwilligen Verfügung darf entsprechend dem Willen des Testators durch Zerstörung beseitigt werden, braucht also nicht in der Aktensammlung des Notars zu bleiben.

Schlagwörter: Abschrift; Aktensammlung; Urkundsperson; Testator; Notar; BeurkV; Verfügung; Zerstörung; Aufbewahrung; Testators; Aufsichtsbehörde; Urkundspersonen; Rechtssicherheit; Notars; Notare; Abschriften; Exemplar; Luzern; Zweck; Aufbewahrungspflicht; Urkunde; Aufsichtstätigkeit; Testaments; Aushändigung; Anfrage; Willen; Protestbeamten
Rechtsnorm: Art. 510 ZGB ;
Referenz BGE:-
Kommentar:
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Entscheid des Verwaltungsgerichts AU 98 10

Die Anfrage eines Notars, ob eine Abschrift der widerrufenen öffentlichen letztwilligen Verfügung in der Aktensammlung bleiben müsse - entsprechend dem Willen des Testators - durch Zerstörung ebenfalls "aus der Welt geschafft werden" dürfe, wurde wie folgt beantwortet:

1. Die Notare und Protestbeamten führen eine gesetzlich vorgeschriebene Aktensammlung, deren Einzelheiten durch Verordnung geregelt sind (§ 31 BeurkG, § 6 BeurkV). Davon nicht betroffen sind die amtlichen Beglaubigungen (§ 6 Abs. 1 lit. b BeurkV). In die Aktensammlung gehören hingegen die Abschriften der Protesturkunden (§ 6 Abs. 1 lit. a BeurkV) und eine Abschrift der übrigen öffentlichen Urkunden, die nicht dauernd bei einem Registeramt bleiben (§ 6 Abs. 1 lit. b BeurkV). Unter Abschrift ist ein nicht beurkundetes Exemplar des betreffenden Papiers zu verstehen (Sidler Kurt, Kurzkommentar zum luzernischen Beurkundungsgesetz, Luzern 1975, S. 91).

2. Nachdem die Beurkundungsverordnung sich damit begnügt, als Bestandteil der Aktensammlung eine (blosse) Abschrift zu verlangen, kann der Zweck der Aufbewahrungspflicht nicht darin bestehen, die beteiligten Parteien vor den Folgen des Verlusts der Urkunde zu schützen. Der Sinn der Aufbewahrung von Abschriften liegt wohl vorab darin, dass diese den Beteiligten als (beschränktes) Beweismittel stets verfügbar bleiben (vgl. Ruf Peter, Skriptum Notariatsrecht, Langenthal 1995, Rz 1031). Sodann dient die Aufbewahrungspflicht der Urkundsperson auch der Aufsichtstätigkeit der Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen (AU). Darin sind die verordnungsgeberischen Motive der entsprechenden Regelung zu sehen, was es im Folgenden zu beachten gilt.

3. Hat der urteilsfähige Testator seine letztwillige Verfügung in der Absicht vernichtet, diese zu widerrufen (Art. 510 Abs. 1 ZGB), wird die beim Notar aufbewahrte Abschrift zu berechtigten Beweiszwecken nicht mehr benötigt. Hinzu kommt als wesentlicher Punkt, dass die Abschrift eines durch Vernichtung widerrufenen Testaments bei den Beteiligten zu Unklarheiten führen kann, die es im Interesse der Rechtssicherheit zu vermeiden gilt. Diese Überlegungen sprechen dafür, dass die Abschrift des widerrufenen Testaments dem Testator ausgehändigt werden darf, auch wenn die Aufsichtstätigkeit der Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen dadurch etwas erschwert wird. Die Aufsichtsbehörde über die Urkundspersonen hält dafür, dass der Aufsichtszweck der Aufbewahrungsregelung unter diesen Umständen vernachlässigt werden kann und hinter den (bundesrechtlich bedingten) Bedürfnissen der Rechtssicherheit zurücktreten muss. Der Aushändigung der Abschrift ist deren Zerstörung gleichzusetzen.

Die Übergabe der Abschrift an den Testator bzw. deren Zerstörung durch die Urkundsperson setzt indes eine schriftliche Erklärung des Testators voraus, aus der hervorgeht, dass dieser seine letztwillige Verfügung zum Zweck des Widerrufs vernichtet hat und daher die Aushändigung bzw. Zerstörung der Abschrift verlangt. Diese Erklärung ist anstelle der Abschrift der Aktensammlung beizugeben, um deren Transparenz zu erhalten.

Eine Verpflichtung der Urkundsperson zur Entfernung der Abschrift aus der Aktensammlung besteht allerdings nicht. Das ist insbesondere dann zu unterlassen, wenn an der Urteilsfähigkeit des Testators auch nur die leisesten Zweifel bestehen, und nicht zu empfehlen, wenn noch beurkundungsrechtliche Vergütungsansprüche des Notars bestehen.

4. Beizufügen bleibt, dass ein öffentlich beurkundetes Exemplar der widerrufenen öffentlichen letztwilligen Verfügung aus Rechtssicherheitsgründen aus der Aktensamm-lung entfernt werden soll (vgl. Luzerner Notarenverband, Leitsätze zum luzernischen Beurkundungsrecht, § 6 BeurkV, S. 1 f. [AU vom 21. 6. 1991]).





Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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Bitte beachten Sie, dass keinen Anspruch auf Aktualität/Richtigkeit/Formatierung und/oder Vollständigkeit besteht und somit jegliche Gewährleistung entfällt. Die Original-Entscheide können Sie unter dem jeweiligen Gericht bestellen oder entnehmen.

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